Im Buch Daniel (5,26–27) erklärt der Prophet dem König Belschazzar die Zeichen, die an die Wand geschrieben wurden: „Gezählt hat Gott die Tage deiner Herrschaft und macht ihr ein Ende. […] Gewogen wurdest du auf der Waage und zu leicht befunden.“ Mag sein, dass sich aus dieser Episode die Funktion des Erzengels Michael als Seelenwäger ableitete.
Diesem Engel kommt gewissermaßen die Rolle eines Richters über das Schicksal des einzelnen Menschen zu. Dargestellt wird er üblicherweise auf zwei Arten. Zum einen mit dem Schwert und dem Ausruf „Mikha’el“, der bedeutet: „Wer ist wie Gott?“ Zum anderen mit der Seelenwaage, wie in diesem Fresko. Er führt ein Verzeichnis der guten und schlechten Taten eines Menschen. Dieses wird beim Jüngsten Gericht vorgelegt und das ist die Basis für die Zukunft des betroffenen Menschen.
Ein wenig erinnert uns das an die Religionen des Hinduismus und des Buddhismus, die vom Karma eines Menschen sprechen. Alles, was wir tun, hat Konsequenzen. Nicht ein Gott richtet uns, sondern wir liefern mit unseren Taten die Voraussetzung für die Existenz in einem Jenseits.
Überhaupt ist es eine der großen Menschheitsfragen: Was erwartet uns nach diesem Leben? Ist alles aus oder gibt es, wie alle Religionen überzeugt sind, noch etwas? Geht dieses Leben in ähnlicher Weise weiter oder wird alles ganz anders? Welche Konsequenz hat das, was wir tun oder unterlassen, für die Zeit nach dem irdischen Tod?
In einer solchen Situation kommt das Christentum mit einer Botschaft. Sie gibt den Sehnsüchten der Menschen recht und sagt: Es kann doch nicht auf einmal alles aus sein. Leben ist etwas Gegebenes, eine Gabe, ein Geschenk. Und die Macht, die dieses Leben geschenkt hat, lässt es nicht fallen. Ich werde bei meinem Namen gerufen. Ich persönlich, mit all meinen Freuden und Schmerzen, mit guten und schlechten Eigenschaften. Und unser Glaube sagt: So wie ich bin, habe ich bei einem liebenden Gott eine Chance. Ich stehe in meinem Leben nicht unter dem Leistungsdruck, perfekt sein zu müssen. Er kommt mir entgegen.
P. Erhard Rauch SDS
In the Book of Daniel (5:26–27), the prophet explains to king Belshazzar the words in the writing on the wall: “God has numbered the days of your kingdom and brought it to an end; […] you have been weighed in the balances and found wanting.” Maybe it is from this episode that the idea of the role of the archangel Michael as the weigher of souls has derived.
This angel in a way assumes the role of judge over the destiny of individuals. He is usually portrayed in one of two ways: for one thing, holding a sword in his hand and exclaiming “mī kāʼēl,” meaning “Who is [like] God?”, and for another, holding the Scales of Souls, as in this fresco. He keeps a record of every human being’s good and evil deeds, which is presented on Judgement Day and is the basic piece of evidence to determine the future of the respective individual.
In a way, this may remind us of the religions of Hinduism and Buddhism that speak of a person’s karma. Everything we do has consequences. It is not some god that holds judgement over us, but we ourselves decide, through our deeds, what the afterlife will be like for us.
It is, after all, one of the great questions of humankind: What awaits us after this life? Will it all be over and done with, or is there something else coming, as all religions are convinced? Will life be going on in a similar way, or will it all be totally different? Of what consequence is what we do or don’t do for the time after our earthly death?
In this situation, Christianity has a message. It answers in the positive to the yearnings of people, telling them: It cannot be that it is all suddenly over. Life is something given to us, a gift, a blessing. And the power that gave this life will not let it perish. I will be called by my name. I personally, with all my joys and sorrows, my good and bad qualities. And our faith says: Just as I am, I have a fair chance in the face of a loving God. I am under no pressure to be perfect in my life. He comes to meet me.
P. Erhard Rauch SDS