Die ehemalige Bibliothek der Barnabiten – ein Schatz des Klosters
Bevor ich mich mit der Beschreibung der ehemaligen Barnabitenbibliothek im Michaelerkloster befasse, möchte ich einige Worte von Dr. Peter Gröger, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates, anführen, die sich mit den unbedingt notwendigen Aktivitäten, die Bibliothek betreffend, beschäftigen.
Die Bibliothek im Michaelerkloster Wien 1 ist ein der Öffentlichkeit fast unbekannter Schatz, der nicht nur als Raum von seiner architektonischen Schönheit her gehoben werden sollte, sondern dessen Bestand einer dringenden Erfassung, Katalogisierung und – sofern erforderlich – auch fachgerechter Restaurierung bedarf. Es muss eine systematische Sichtung und Erfassung des vorhandenen Bestandes an Büchern und Schriften aus den unterschiedlichen Epochen erfolgen. Dies sollte mit einem geeigneten Softwareprogramm geschehen, das in der Folge eine Ordnung nach den verschiedensten Auswahlkriterien ermöglicht. Danach könnte der gesamte Bestand ins Netz gestellt werden, sodass Interessente und Studierende darauf zugreifen können. Dies würde unserem Motto der „Offenen Kirche“, des „Offenen Klosters“, eines Ordens, der sich nach außen orientiert, entsprechen.
Die Bibliothek befindet sich räumlich über dem Sommerrefektorium und ist mit hochbarocker Malerei (um 1730) geschmückt. Die Saaldecke ist in drei Mittelfelder gegliedert und stellt die Apotheosen der hll. Alexander Sauli, Paulus und Franz Xaver, sehr wahrscheinlich von A. Beduzzi, dar. An den Gewölbeansätzen und zwischen den Hauptbildern befinden sich in Kartuschen (franz. Cartouche – Rolle – hauptsächlich in der Barockzeit vorkommender Zierrahmen) Szenen aus dem Leben der dargestellten Heiligen in Grisaille-Malerei (franz. Gris = grau – Malerei, die ausschließlich in Grau, Weiß und Schwarz gehalten ist).
In den Fensternischen sind in Kartuschen Allegorien der Wissenschaft und Künste zu sehen, ebenso frei hängende Blumengehänge aus Holz. Die Wandverkleidung besteht aus intarsierten Bücherschränken aus dem 2. Viertel des 18. Jahrhunderts. Der Bücherbestand enthält vor allem Predigtliteratur des 18. und 19. Jahrhunderts. An den Stirn- und Längsseiten der Wandverkleidung sind zwischen blumenverzierten Aufsätzen qualitätsvolle Gemälde zu sehen:
An den Stirnseiten hll. Petrus und Paulus, an den Längsseiten Ordensbrüder der Barnabiten: Alexander Sauli für die Theologie, Haymo Corius als Verfasser von theologischen Studien, Bartholomäus Ferrarius für die Jurisprudenz, Florentius Schilling als Prediger, Gregori Rosignoli als Naturwissenschaftler, Augustin Tornielli als Gelehrter, Jacob Antonius Morigia als Büßer und Astronom, Antonius Maria Zaccaria für die Heilkunde. So wie die Wandverkleidung ist auch die Tür intarsiert und kassettiert und besitzt noch die originalen Beschläge. Der Boden ist mit Solnhofener Platten bedeckt.
Die Barnabitenbibliothek kann nur bei den Klosterführungen besichtigt werden.
Dieser Text ist veröffentlicht in Michaeler Blätter, Nr. 25, November 2012, S. 8 f.