Die Restaurierung der großen „Michaeler Glocke“
Es begann alles im März 2006. Nach einer Sonderführung durch Dachboden und Turm der Michaelerkirche stellte jemand die Frage: „Warum steht eine solche Glocke von 1525 unbeachtet auf dem Michaelerplatz?“ Die Antwort lautete: „Weil das Geld für eine nötige Restaurierung nicht vorhanden ist.“ Eine interessierte Familie fand sich spontan bereit, an der Finanzierung für die Erneuerung der Glocke kräftig mitzuwirken. Die „Freunde der Michaelerkirche“ entschlossen sich nach dieser Zusage, ebenfalls ihren finanziellen Teil beizutragen. Und plötzlich war etwas möglich geworden, was man seit dem 13. Mai 1992, dem Tag, an dem die Glocke durch einen Sprung verstummte, für unmöglich gehalten hatte: die Reparatur der Glocke!
Auch die notwendige Renovierung des Glockenstuhles konnte in Angriff genommen werden. Das Bundesdenkmalamt für Klangpflege und die Erzdiözese Wien beteiligten sich nun ebenfalls an der Finanzierung. Einer der Hauptgründe für eine zügige Restaurierung der Glocke war das rechtzeitige Einläuten einer Seelenmesse für Mozart am 5. Dezember 2006, bei der auch sein „Requiem“ erklingen sollte.
Durch Anregung eines Mitgliedes des Pfarrgemeinderates wurde bereits am 17. Mai 2006 ein Benefizkonzert von einer Wiener Schule veranstaltet, wobei die Glocke feierlich verabschiedet wurde. Die Wiederinstandsetzung der Glocke war nur möglich, weil alle Beteiligten eine ungeheure Energie entwickelten. Zuerst wurde eine Transportfirma gefunden. Dann hievte das Bundesheer mit einem Kranwagen die Glocke auf einen Transporter, wofür ein eigenes Glockentransportgestell angefertigt wurde. Menschen wurden motiviert, den Michaelerplatz ohne polizeiliche Mithilfe abzusperren. Und so kam die 2,3 t schwere Glocke bis nach Nördlingen in Bayern. Nach Bayern deshalb, weil dort der einzige Glockenschweißer Europas arbeitet, der den Sprung reparieren konnte, die Krone aufschweißte und den Schlagring ausbesserte.
Nun musste die Glocke auch wieder zurückkommen. Diesmal aber über Innsbruck, wo sie ihr Joch (Gegengewicht) und den Klöppel bei der Firma Grassmayr bekam. Am 15. November war die Glocke wieder in Wien, und drei Tage später weihte sie Pater Peter van Meijl feierlich. Am 20. November wurde die Glocke mit einem Spezialkran unter großem medialem Interesse an ihren ursprünglichen Platz in den 78 m hohen Turm gebracht. Am 5. Dezember schließlich – an Mozarts 215. Todestag – läutete die Glocke (Ton: C1) abends um 19 Uhr erstmals wieder.
Dieser Text ist veröffentlicht in Michaeler Blätter, Sonderheft Nr. 1, „Mozart-Requiem“, Jänner 2007, S. 9