Sängerpersönlichkeiten des 17. Jahrhunderts auf der Spur
Mittwoch, 6. November, 19:30 Uhr
Kapitelsaal, Habsburgergasse 12, 1010 Wien
Tenor und Laute: Sven Schwannberger
Eine Veranstaltung der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Eintritt frei, Spenden erbeten
Programm
Arcadien 1: Der weiße Hund
Jacopo Sannazaro (1458–1530) / Sven Schwannberger
Itene all’ombra
Improvisation
Itene all’ombra
Stefan George (1868–1933)
Komm in den totgesagten Park
Girolamo Frescobaldi (1583–1643)
Se l’Aura spira
Thrakien: Ein wundersamer Phönix
Giovanni Kapsperger (1580–1661)
Gia risi del mio mal
Francesco Petrarca / Sven Schwannberger
Standomi un giorno (Canzone delle Visioni)
darin eingewoben:
Claudio Monteverdi (1567–1643)
Questi i Campi di Tracia
Possente Spirto
Notte (aus ‚Combattimento‘)
Friedrich Hölderlin (1770–1843)
Turmgedichte
Hyperions
Schicksalslied
Giovanni Kapsperger
Io vo piangendo
Hölle: Babylon
Sigismondo D’India (ca. 1582–1629)
Torna il sereno Zefiro
anon. / Martin Luther
An den Wassern zu Babel
Sven Schwannberger (im Stil von Giovanni Luca Conforti)
Super Flumina Babylonis
Sven Schwannberger
Verrat
Sigismondo D’India (1616–1664)
Lamento di Giasone
Andreas Gryphius (1616-1664)
Hölle
Arcadien 2: Sommerkalte Augen
Francesco Petrarca (1304-1374) / Martin Opitz
S’Amor non è
Sven Schwannberger
Fronte d’Avorio
Sven Schwannberger (Incipit: Giulio Caccini)
Cor Mio, deh non languire
William Shakespeare (1564–1616) / Stefan George
Sonnet 116
Giulio Caccini / Giovanni Nauwach (1595–?)
Amarilli mia bella
Giulio Caccini (1551–1618)
Occhi immortali
Veronica Gambara (1485–1550) / Martin Opitz
Dal veder voi, occhi lucenti, e chiari
Sven Schwannberger
Girate occhi girate
Wald: Tinte von Tränen
Girolamo Frescobaldi
Oscure Selve
Giacomo Carissimi
Piangete, aure, piangete
Sven Schwannberger
Sven Schwannberger ist Flötist, Sänger, Lautenist – und ein Mensch zwischen Poesie, Sprachen, asiatischer Teekunst und dem vermeintlich echten Leben. Seine Forschung zu Stimmgebrauch und vokaler Ästhetik des 17. Jahrhunderts darf als grundlegend bezeichnet werden und mündete 2019 in seine Promotion. Er legte zahlreiche Aufnahmen mit Musik des 16. bis frühen 18. Jahrhunderts vor und unterrichtet seit 2009 Improvisation, Verzierung und Aufführungspraxis an der Schola Cantorum Basiliensis.
Ein geschätzter Freund und Kollege schrieb neulich über ihn, er sei ‚immun gegen den Mainstream‘ … Sven lachte laut! Als sei dies etwas Besonderes: Wo soll die Suche nach Lieblichkeit, nach Trost über die Welt, auch nach einer erlebten Wahrheit denn sonst zu unternehmen sein als in der Zärtlichkeit abseits der Wege?
Abseits jener Wege – nur einen Schritt weit – liegt Arkadien, ein geistiges Land, seit Jahrzehnten ihm einzige Heimat. Alles in ihr ist sanft, alles von Bedeutung: Der weiße Hund Uranios wird zur Mitte der Welt.
Arkadischer Ruhe entgegengesetzt ist die Thrakische Einsamkeit und die Verlassenheit im Babylonischen Exil. Das Verderben wird im Verrat Jasons an Medea, die eigentliche Hölle jedoch im Erkennen seiner selbst vor toten Kindern und toten Hoffnungen offenbar.
Einmal gefallen ist dem reifen Menschen auch Arkadien nicht mehr dasselbe: Die Gefahr, lauernd von innen und von außen ist spürbar geworden. Der dunkle Wald wird, im Gegensatz zu Babylon, zu einem neuen, postarkadischen Exil, zu einem, das nach innen gerichtet steht; die Tränen erschließen zuletzt die Welt.
Sven Schwannbergers sehr persönliches Programm ‚A mio modo‘ (benannt nach einer im Konzert nicht zu hörenden Toccata Castaldis) wandelt auf diesen Wegen und dokumentiert, gleichsam nebenbei, Spuren alter Gesangskunst in Beispielen, die zum Teil seltene Hinweise auf den Stil spezifischer Sänger geben, zum Teil Sven Schwannbergers eigene kreative Auseinandersetzung mit seinen Helden, insbesondere Caccini und Conforti, widerspiegeln.
Aus dem Programmheft Cantare nel gravicembalo