Über vier Ebenen gegliedert, verbindet die Darstellung zwei Fastensonntagsmotive:
- Die Totengebeinvision des Propheten Ezechiel (Ez 37,12)
- Die Verklärung Jesu (Lk 9,28b-30)
Von unten nach oben:
Aus den Gräbern steigen die Gebeine der Toten, sie werden Menschen mit Fleisch und vor allem mit Herz. Und der verherrlichte Christus zieht sie gleichsam nach oben – eine Andeutung der Auferstehung.
Die Glaubenshoffnung auf Erlösung über die geschichtlichen Katastrophen der Sklaverei in Ägypten, des Exils in Babylon und des Kreuzes vom Karfreitag, bis zur definitiven Herrschaft Gottes wird in der Vision des Propheten und der Jünger vorweggenommen und vom Künstler zusammengefasst.
Vertikale Lichtbahnen durchwirken das Fastentuch und verbinden von ganz oben, aus der Dimension des Ewigen (Blau bzw. Weiß des verklärten Jesus), das Geschehen auf den verschiedenen Bildebenen bis ganz unten, zur Ebene der sich öffnenden Gräber.
Dieser spirituelle Realismus des Osttiroler Künstlers, den sein Leitthema „Körper“ schon seit Jahrzehnten begleitet, liegt in einer ruhigen feierlichen Komposition, in der die Figuren wie auf einer transzendenten Bühne erscheinen.
Die Lichtfülle, die an schönen Tagen durch die Kirche flutet und die Details noch mehr in ein verklärtes Licht treten lässt, verstärkt diesen Effekt umso mehr.
Das 11x7m große Fastentuch, Acryl auf ungrundierter Baumwolle, wurde 2010 für den Dom zu St. Jakob in Innsbruck gemalt.
Michael Hedwig wurde 1957 in Lienz geboren. 1974 bis 1980 absolvierte er sein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Seit 1985 ist er Lehrender an der Akademie der bildenden Künste, seit 2004 Assistenzprofessor am Institut für bildende Kunst in Wien. Sein vielfältiges Schaffen belegen zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland sowie Arbeiten im öffentlichen Raum, u.a. die Gestaltung der U-Bahn-Station Stubentor (Ausgang Parkring) in Wien.
[aus dem Folder „Fastentuch St. Michael 2020 – Michael Hedwig“]
Foto zum Herunterladen