Wer ein Automobil besitzt – oder überhaupt ein technisches Gerät – hat in der Regel gelernt, dass die Vernachlässigung von Wartung katastrophale Folgen haben kann, für das Gerät selbst oder sogar für Leib und Leben; man denke an Kolbenfresser oder versagende Bremsen.
Indem der Organist einen künstlich erzeugten Wind über eine technische Anlage den Pfeifen zuführt – ein Prinzip, an dem sich seit dem Spätmittelalter nichts Grundlegendes geändert hat – ist die Orgel zweifellos ein technisches Gerät, das regelmäßig zu warten wäre. Allerdings hinkt der vor allem bei Preisvergleichen manchmal bemühte Orgel-Auto-Vergleich hier besonders. Denn Orgeln aus der Zeit um 1700 waren oft von besonders guter Qualität und benötigten kaum regelmäßige professionelle Wartung, sofern man Anobienbefall ausschließen, Bälge in Ordnung halten und sich mit kleinen Verstimmungen abfinden konnte. Dies gilt vor allem für diejenigen Instrumente, an denen wir uns heute noch erfreuen können, so auch für unsere Sieber-Orgel von 1714.
Allerdings lag das Instrument Mitte der 1980er Jahre aus verschiedenen Gründen am Boden und harrte seiner Rehabilitation, eine Arbeit, die unsere Werkstatt/Jürgen Ahrend nur nach einigem Zögern annahm, da die neu anzulegende Spiel- und Registermechanik zu den ungewohnt weit voneinander liegenden Windladen problematisch zu werden versprach. Zu Recht befürchtet wurden damals heftige Veränderungen im Tasten- und Regierwerksgang mit in der Folge Klemmen und Klappern.
Die damals realisierte Anlage ist speziell darauf ausgerichtet. Erfolgreich, wie man heute bemerken mag, gab es doch über die letzten Jahre keine nennenswerten Störungen und allenfalls geringe Stimmarbeiten. Einige Arbeiten standen aber nun im März 2014 dennoch an:
Es ging zunächst um die Reparatur des Regierwerkes: Ein Mechanik-Schwert im Spieltisch-Positiv war zu leimen, weiters ein Teil des Schwertlagers. Eine Schwertlagerachse auf Abwegen wurde festgesetzt. Die Schraubenbefestigung für die Spieltischabdeckung wurde repariert.
Leckagen in der Windanlage dichteten wir mit Lederstreifen ab. Die Spieltischmechanik („Traktur“) haben wir anschließend gründlich reguliert im Hinblick auf fürderhin angenehme Spielart.
Mit Staubsauger und Pinsel reinigten wir das Instrument von der erwartungsgemäß heftigen Verstaubung. (Den Bereich der empfindlichen vergoldeten Ornamente übernahm eine Restaurierungsfirma.)
Die Orgel erhielt anschließend eine gründliche Nachstimmung, wobei die kleineren Pfeifen, deren Klang besonders empfindlich auf Staub reagiert, einzeln mit weichem Pinsel innen gereinigt wurden. Unsere Arbeiten, in deren Verlauf Türen und Füllungen geöffnet und einige Pfeifenreihen herausgenommen wurden, waren für den Orgelexperten, Dip. Ing. Reinhard Böllmann, eine gute Gelegenheit, wertvolle Informationen zur Sieber-Orgel zu sammeln, die demnächst im Rahmen einer umfangreichen Dokumentation veröffentlicht werden sollen.
Uns war es eine Ehre und Freude, im schönen Wien einer wunderbaren Orgel zum Lobe Gottes wieder auf die Beine geholfen zu haben.
Dieser Text wurde veröffentlicht in Michaeler Blätter, Nr. 31, Mai 2014, S. 12